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Narbenhernie

Die Narbenhernie tritt als äußere Hernie im Bereich einer Operationsnarbe auf. Bei Operationen im Bauchraum wird naturgemäß die Bauchdecke durch einen Schnitt durchtrennt, um in die Bauchhöhle zu gelangen. Nach dem Verschluss der Bauchdecke bildet sich in diesem Bereich ein Narbengewebe, welches nie die gleiche Festigkeit und Belastbarkeit des ursprünglichen Bindegewebes erreicht. Diese Narbe bildet somit eine erworbene Schwachstelle der Bauchdecke und stellt eine häufige Komplikation nach Bauchoperationen dar. Etwa 20% aller am Bauch operierten Patienten entwickeln eine Narbenhernie, die Hälfte davon bereits im ersten Jahr nach der Operation.

Narbenhernien können an einem Teil der Narbe,  an mehreren Stellen der Narbe (Gitterbruch) oder auf gesamter Länge der Narbe auftreten und erhebliche Ausmaße erreichen. Die Wahrscheinlichkeit eine Narbenhernie zu entwickeln steigt mit der Größe der Narbe. Es gibt jedoch auch nach minimal-invasiven Eingriffen Hernien im Bereich der eingeführten Arbeitshülsen (Trokar), obwohl diese in der Regel nicht größer als 15 mm im Durchmesser sind.

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Ursachen

Die Ursache des Narbenbruches liegt in der verminderten Festigkeit und Elastizität des Narbengewebes im Bereich der durchtrennten Bauchdecke.

Begünstigende Faktoren für die Entstehung eines Narbenbruches sind: hohe Belastungen der Bauchdecke kurz nach der Operation (starkes Husten, starkes Pressen beim Stuhlgang, Heben schwerer Lasten), Übergewicht, Rauchen, Heilungsstörungen der Wunde (Infektion, Bluterguss, Wundwasserbildung),  Zuckerkrankheit, Blutarmut, Dauertherapie mit Kortison,  wiederholte Operation über denselben Zugang, große Bauchschnitte, gestörter Bindegewebsstoffwechsel, schlechter Ernährungszustand. 

Formen

Bei den Narbenhernien unterscheidet man nach Lage, Ausprägung und Ursache verschiedene Formen.

Gitterbruch

Mehrere nebeneinander liegende Brüche im Verlauf einer Narbe, welche untereinander von noch intaktem Narbengewebe getrennt sind.

Trokarhernie

Narbenbrüche, die nach minimal-invasiven Operationen im Bereich der eingeführten Arbeitshülsen (Trokare) auftreten. Da die Trokare selten mehr als 15 mm Durchmesser haben, handelt es sich hierbei um sehr kleine Brüche, welche trotzdem erhebliche Beschwerden bereiten können.

Symptome

Die Symptome einer Narbenhernie sind individuell sehr unterschiedlich und reichen von völliger Beschwerdefreiheit bis hin zu sehr starken Schmerzen von ziehendem, teilweise auch brennendem Charakter häufig ausgelöst oder verstärkt durch das Anspannen der Bauchdecke. Hierbei kann auch eine Vorwölbung im Bereich der Hernie sichtbar und / oder tastbar sein. Dies hängt allerdings von der Größe des Bruches und der Konstitution der Bauchdecke ab. Neben den Beschwerden bei Belastung kann es bei sehr großen Narbenbrüchen zu einer gestörten Funktion der Bauchmuskulatur kommen. Hieraus resultieren eine gestörte Stabilität des Rumpfes und häufig auch Verdauungs- bzw. Stuhlentleerungsprobleme.

Therapie

Der einzige Weg zur Beseitigung einer Narbenhernie ist die Operation. Kleine Hernien, die keine Beschwerden verursachen, müssen nicht operiert werden und können in Beobachtung bleiben. Allerdings muss auf das Risiko hingewiesen werden, dass es jederzeit zu einer Einklemmung kommen kann. Eine spontane Rückbildung der Hernie ist nicht zu erwarten.

Das Tragen einer elastischen Bauchbinde führt bei manchen Patienten zu Beschwerdelinderung insbesondere bei körperlicher Belastung. Durch die Unterstützung der Bauchdecke kann in manchen Fällen hierdurch auch eine Größenzunahme der Bruchlücke vermieden oder verzögert werden. Eine Alternative zur Operation stellt die Bauchbinde jedoch nicht dar, da der Bruch hierdurch nicht beseitigt und eine mögliche Einklemmung nicht verhindert wird.

Bei der Versorgung von Narbenhernien kann zwischen offenen und minimal-invasiven Verfahren ausgewählt werden. Entscheidungskriterien sind hierbei die Größe der Bruchlücke und die Beanspruchung der Bauchdecke. 

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Offene Operationen

Direkte Naht

Das einfache Vernähen eines Narbenbruches hat wenig Aussicht auf dauerhaften Erfolg und wird deshalb nur in wenigen Ausnahmefällen bei sehr kleinen Brüchen durchgeführt. Am häufigsten wird dieses Vorgehen noch bei den naturgemäß sehr kleinen Trokarhernien angewendet und kann auch minimal-invasiv erfolgen.

Netzimplantation

Bis auf wenige Ausnahmen ist bei einer Narbenhernie die Verwendung eines Kunststoffnetzes erforderlich. Über einen Hautschnitt wird zunächst der Bruchsack freigelegt, eröffnet und der Bruchinhalt in die Bauchhöhle zurück verlagert. Je nach geplanter Positionierung des Netzes müssen anschließend die Schichten der Bauchwand dargestellt werden. Das Netz kann an unterschiedlicher Stelle der Bauchdecke eingebracht werden (Onlay, Inlay, Sublay, Underlay, IPOM). Ziel der offenen Operation ist eine Rekonstruktion der Mittellinie, wodurch die Bauchmuskulatur wieder in korrekter Lage ihre Funktion optimal erfüllen kann. Bei sehr großen Brüchen muss hierzu mitunter weit in den seitlichen Bauchdeckenbereich vorgegangen werden, wo dann durch eine Lösung der schrägen Bauchmuskulatur die geraden Bauchmuskeln wieder mittig aneinander angenähert werden können (laterales Release nach Ramirez). Der Nachteil dieser Methode ist eine sehr große Wundfläche, welche anfällig für Komplikationen wie Nachblutung und Infektion ist und mit deutlich mehr Wundschmerz (verglichen mit dem minimal-invasiven Vorgehen) einher geht. Die Größe des Netzes ist so zu wählen, dass es die Bruchlücke zu jeder Seite um mindestens 5 cm überlappt.

Netzposition:

Zum Verständnis der Netzlage muss man sich den Aufbau der Bauchdecke vergegenwärtigen. Im Bereich der Bauchmitte ist dieser folgendermassen:

Haut, Unterhautfettgewebe, vordere Rektusscheide, Rektusmuskel, hintere Rektusscheide, Bauchfell.

Die Rektusscheide ist stabiles Bindegewebe, welches den geraden Bauchmuskel (Musculus rektus abdominis) umhüllt. Der vordere und hintere Anteil beider Seiten vereinigt sich in der Mittellinie zur sogenannten Linea alba.

Je nach Konstitution des Patienten befindet sich zwischen der hinteren Rektusscheide und dem Bauchfell noch mehr oder weniger Fettgewebe (präperitoneales Fett).

Der reguläre Aufbau der Bauchdecke ist wichtig für die Rumpfstabilität und die muskuläre Balance der Bauch und Rückenmuskulatur. Durch einen Bruch kommt es zu einer Verschiebung der Bauchdeckenstrukturen, so kann es beispielsweise durch eine große Hernie in der Mittellinie zu einem weiten seitlichen Abweichen der geraden Bauchmuskeln mit hierdurch resultierender Dysbalance der gesamten Rumpfmuskulatur kommen. Rückenschmerzen oder Fehlbelastungen an Wirbelsäule und Becken können die Folge sein. Es ist daher das Ziel, nach Möglichkeit im Rahmen der Hernienreparatur die ursprüngliche Bauchdeckenarchitektur zu rekonstruieren.

Onlay

Das Netz wird auf der vorderen Rektusscheide mit Nähten fixiert.

  • Vorteil: technisch einfach, relativ geringer operativer Aufwand
  • Nachteil: große Wundfläche, hohe Rezidivrate durch ungünstige
    Druckverteilung (wird daher nur in Ausnahmefällen angewendet)

Inlay

Das Netz wird passgenau in die Bruchlücke eingenäht.

  • Vorteil: technisch einfach, geringe Wundfläche,
    relativ geringer operativer Aufwand
  • Nachteil: sehr hohe Rezidivrate durch fehlende
    Überlappung der Bruchlücke (wird daher nicht mehr angewendet)

Sublay

Das Netz wird zwischen Rektusmuskel und hinterer Rektusscheide platziert. Die Bruchlücke wird verschlossen, das Netz dient als Bauchwandverstärkung.

  • Vorteil: Rekonstruktion der Mittellinie möglich, geringe Rezidivrate bei günstiger Druckverteilung
  • Nachteil: große Wundfläche, hoher operativer Aufwand
Freigelegter Bruchsack nach Eröffnung der Haut; Quelle: www.herniamed.de
Resektionsgrenze des Bruchsackes in Höhe der Bruchpforte; Quelle: www.herniamed.de
Freilegen des hinteren Blattes der Rektusscheide; Quelle: www.herniamed.de
Platzierung des Netzes zwischen Rektusmuskel und hinterer Rektusscheide; Quelle: www.herniamed.de

Underlay

Das Netz wird zwischen hinterer Rektusscheide und Bauchfell platziert. Die Bruchlücke wird verschlossen, das Netz dient als Bauchwandverstärkung.

  • Vorteil:  geringe Rezidivrate bei günstiger Druckverteilung
  • Nachteil: hoher operativer Aufwand, Schicht nur bei wenigen Patienten gut darstellbar

IPOM

Das Netz wird von der Bauchhöhle aus an das Bauchfell gelegt und mit Nähten und  Tackern an der Bauchdecke fixiert.

Die Methode kommt als offenes Verfahren zur Anwendung, wenn bei sehr großer Bruchlücke ein Verschluss nicht mehr möglich ist. Das Netz dient dann als Bauchdeckenersatz. Es müssen speziell beschichtete Netze verwendet werden, da sie in der Bauchhöhle Kontakt zum Darm haben. 

  • Vorteil: Versorgung von sehr großen Brüchen möglich
  • Nachteil: Netzkontakt zur Bauchhöhle, keine Rekonstruktion der Mittellinie
Freigelegter Bruchsack nach Eröffnung der Haut; Quelle: www.herniamed.de
Resektionsgrenzen des Bruchsackes;
Quelle: www.herniamed.de
Platzierung des Netzes zwischen Rektusmuskel und hinterer Rektusscheide; Quelle: www.herniamed.de

Minimal-invasive Operationen

Direkte Naht

Sehr kleine Brüche können im Rahmen einer Bauchspiegelung verschlossen werden, indem über einen kleinen Einstich mit einem Spezialinstrument stabile Fäden durch die Bauchdecke an der Bruchlücke geführt und dann verknotet werden. Dieses Vorgehen eignet sich besonders für sehr kleine Brüche bei sehr stark ausgebildetem Fettgewebe

Netzimplantation (IPOM)

Über kleine Schnitte wird eine Bauchspiegelung durchgeführt und der Bruchinhalt in die Bauchhöhle reponiert. Anschließend wird das Kunststoffnetz mit mindestens 5 cm Überlappung in jede Richtung des Bruches von der Innenseite der Bauchhöhle an der Bauchdecke mit Fäden und speziellen Tackern fixiert. Da das Netz somit in der Bauchhöhle Kontakt zum Darm hat, muss ein speziell beschichtetes Netz verwendet werden. Bei kleiner Bruchgröße kann auch hier die Lücke zusätzlich mit Nähten verschlossen werden, solange dies ohne Spannung möglich ist. Diese Methode kann nur bei Bruchlücken bis ca. 8 cm Größe angewendet werden. Bei größeren Brüchen hat sich eine erhöhte Rezidivneigung gezeigt. Die Methode ist sehr schonend, da sie mit einer geringen Wundfläche einher geht. Dadurch bestehen im Allgemeinen weniger Schmerzen und die Gefahr einer Wundinfektion ist deutlich geringer.

Platzierung der Arbeitshülsen (Trokare) für die laparoskopische Netzversorgung; Quelle: www.herniamed.de
Löse bestehender Verwachsungen in der Bauchhöhle; Quelle: www.herniamed.de
An der Bauchdecke mit Spiraltackern fixiertes Netz; Quelle: www.herniamed.de

Nachsorge

Das Nahtmaterial kann nach minimal-invasiven Operationen am 7. Tag, nach offenen Operationen am 10. Tag nach der OP entfernt werden. Duschen ist sofort möglich, Baden (außer mit hierfür geeigneten Spezialpflastern) und direkte Sonneneinstrahlung auf die Narben sollten für 14 d vermieden werden. Wir empfehlen eine körperliche Schonung für 1-2 Wochen wobei aber alle Tätigkeiten des täglichen Lebens (Körperpflege, Hausarbeit) mit allenfalls geringen Beschwerden möglich sein sollen. Die anschließende Steigerung der Belastung sollte insbesondere bei der netzfreien Operation sehr vorsichtig erfolgen. Sportliche Aktivitäten und das Heben von Gewichten über 10 Kilogramm sollten frühestens nach 6 Wochen wieder erfolgen.  Wir empfehlen das Tragen einer Bauchbinde für insgesamt 6 Wochen, wobei diese nach 2 Wochen bereits nachts weggelassen werden kann.