Fast zehn Wochen lag Christine S. aus Dummerstorf nach einer komplizierten Wirbelsäulenoperation mit anschließender allergischer Reaktion und Lungenembolie im Klinikum Südstadt Rostock. Das Team der zertifizierten Gerinnungsambulanz unter Leitung der Chefärztin für Innere Medizin III, Dr. Beate Krammer-Steiner, konnte die Lehrerin in enger Zusammenarbeit mit Transfusionsmedizinern der Unimedizin Greifswald und Fachärzten im eigenen Haus in der lebensgefährlichen Notfallsituation wieder stabilisieren. Patientenschicksale wie das der zweifachen Mutter stehen im Fokus des Weltthrombosetages, der in diesem Jahr am 13. Oktober zum zehnten Mal stattfindet und auch vom deutschen Aktionsbündnis Thrombose unterstützt wird.
Allein in Deutschland sterben jährlich etwa 40.000 Menschen an einer Lungenembolie. Der Welt-Thrombose-Tag ist eine globale Sensibilisierungskampagne der Internationalen Gesellschaft für Thrombose und Hämostase, um die Aufmerksamkeit auf die oft übersehene und missverstandene Erkrankung der Thrombose zu lenken. Bei einer Thrombose bilden sich in Venen oder Arterien Blutgerinnseln, die zu ernsthaften Gesundheitsproblemen führen können, darunter eine tiefe Venenthrombose, eine Lungenembolie, ein Schlaganfall oder Herzinfarkt.
„Das Beispiel unserer Patientin Christine S. zeigt, wie wichtig die Arbeit von zertifizierten Gerinnungsambulanzen ist, um auch auf derartig komplexe Notfälle gemeinsam reagieren zu können“, betonte Dr. Beate Krammer-Steiner. „Unser Vorteil ist zudem, dass wir alle Experten unter einem Dach haben und ohne Zeitverluste handeln können. Das betrifft vor allem die Kardiologie und die Stroke Unit.“
Was war passiert?
Anfang des Jahres musste sich Christine S. einer zehnstündigen Wirbelsäulenoperation unterziehen, um weitere Einschränkungen im Bewegungsapparat zu verhindern. Für die Diabetikerin mit einer bekannten genetisch bedingten Thromboseneigung ein Hochrisikoeingriff, der jedoch zunächst planmäßig verlaufen ist. So konnte sie nach wenigen Tagen von der Intensivstation auf die Kardiologische Wacheinheit verlegt werden. Aufgrund ihrer Thromboseneigung stand sie unter einer intensiven Kontrolle, so dass recht schnell eine Verschlechterung der Blutwerte erkannt worden ist. Aufgrund einer allergischen Reaktion auf die Standardmedikation nach der Operation erlitt die 61-Jährige eine seltene Lungenembolie, was nach etwa zehn Tagen zu einem Zusammenbruch und einer lebensgefährlichen Lage führte.
„Der plötzliche Notfall aufgrund einer seltenen allergischen Reaktion stellte uns gleich vor mehrere Herausforderungen. Die Patientin benötigte einen kompletten Neustart für ihr Immunsystem, zugleich musste das Blutgerinnsel aufgelöst und das Herz gestärkt werden und die etwa 20 cm große OP-Wunde heilen. Für den Thrombus brauchten wir dünnes, für die Wundheilung dickes Blut“, so die Chefärztin.
In enger Konsultation mit den Greifswalder Experten um den Transfusionsmediziner Prof. Dr. Andreas Greinacher wurde erstmals ein neues gerinnungshemmendes und dafür eigentlich nicht vorgesehenes Medikament eingesetzt, um den Blutfluss wieder zu normalisieren. Mittels eines zweiten Arzneimittels wurde das Immunsystem über Infusionen langsam wieder aufgebaut. Zusammen mit den Neurochirurgen, den Neurologen, den Gefäßspezialisten, Kardiologen, Wundexperten und Physiotherapeuten hat sich die Dummerstorferin wieder zurück ins Leben gekämpft.
Nach 69 Tagen konnte Christine S. die Klinik verlassen und ist mittlerweile wieder weitestgehend selbstständig unterwegs. Während des ungewöhnlich langen Klinikaufenthaltes, den sie phasenweise nur wie durch einen Schleier erlebt hatte, wurde sie sehr stark von ihrer Familie unterstützt. Einer der größten Wünsche der leidenschaftlichen Fahrradfahrerin ist es, möglichst bald wieder auf einem Drahtesel in den Garten mit den eigenen Hühnern fahren zu können.
Jede Thrombose ist ein Notfall
„Während eine derartige massive allergische Reaktion wie bei unserer Patientin auf das am meisten verwendete Antigerinnungsmittel Heparin lediglich vereinzelt vorkommt, treten 60 Prozent der venösen Gerinnsel während oder nach einem Krankenhausaufenthalt auf. Das macht krankenhausassoziierte Gerinnsel zu einer der Hauptursachen für vermeidbare Krankenhaustodesfälle“, erklärte die Medizinerin. Grundsätzlich gelte, jede Thrombose ist ein Notfall und müsse entsprechend behandelt werden und je früher eine Thrombose erkannt wird, umso besser seien die Heilungschancen.
„In unserer Gerinnungsambulanz befassen wir uns schwerpunktmäßig mit der Diagnostik und Therapie von Gerinnungsstörungen, hierzu gehören Störungen des Gerinnungssystems durch eine Thromboseneigung oder aber durch eine Blutungsneigung. Dabei werden neben der klinischen Untersuchung und Befragung der Patienten auch hochspezialisierte Labortests angeboten, um eine mögliche Störung des Gerinnungssystems rechtzeitig zu identifizieren.“ Zum Team der Gerinnungsambulanz gehören Ärztinnen und Ärzte sowie Fachpflegekräfte aus der Angiologie, Hämostaseologie, Phlebologie und Gefäßchirurgie.
Hintergrund Thrombose
Die Thrombose ist die Bildung eines Blutgerinnsels in einem Blutgefäß. Bei dem Gefäß kann es sich um eine beliebige Vene oder Arterie handeln. Jedes Gerinnsel, das sich in einem Blutgefäß bildet, wird als Thrombus bezeichnet. Einmal gebildet, kann ein venöser Thrombus den normalen Blutfluss verlangsamen oder blockieren und sich sogar lösen und durch die Gefäße durch den Körper wandern. Ein Gerinnsel, das in den Blutkreislauf wandert und in engeren Gefäßen zu einem Verschluss führt, wird als Embolie bezeichnet. Thrombose ist der oft vermeidbare Auslöser von einem Herzinfarkt, einem thromboembolischen Schlaganfall und venösen Thromboembolien, den drei häufigsten kardiovaskulären Todesursachen.
Aktionsbündnis Thrombose
Das Aktionsbündnis Thrombose wurde 2014 von der Deutschen Gesellschaft für Angiologie e.V. (DGA) ins Leben gerufen. Dem Bündnis gehören heute führende Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Phlebologie und Lymphologie, die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung, die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin sowie die Deutsche Gefäßliga an. Sie alle engagieren sich gemeinsam mit Partnern aus der Industrie für mehr Aufklärung über Thrombose und Lungenembolie.
www.risiko-thrombose.de
Weitere Informationen unter www.worldthrombosisday.org
Klinikum Südstadt Rostock
Eigenbetrieb der Hanse- und Universitätsstadt Rostock
Südring 81, 18059 Rostock
Verwaltungsdirektor: Steffen Vollrath
Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Jan Roesner
Pflegedirektorin: Ilka Diening
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