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03.12.2021

Der Schmerz ist groß, aber seit 20 Jahren gibt es einen Ort zum Trauern und mehr Beistand

Einladung zum Gottesdienst für Sternenkinder am 13. Dezember auf dem Westfriedhof


Gemeinsames Erinnern an die Kinder, die mit Hoffen und Bangen begleitet wurden und von denen sich die Eltern schmerzlich trennen mussten - Pastorin Hilke Schicketanz an der Grabstätte auf dem Westfriedhof. (Foto: Joachim Kloock)

Der gesellschaftliche Umgang mit Familien, die vor, während oder nach der Geburt ihr Kind verlieren, hat sich gravierend geändert. Nur den seelischen Schmerz kann den Eltern niemand abnehmen. Jedes Jahr am zweiten Sonntag im Dezember wird an vielen Orten der Welt mit einem Gottesdienst oder einer Andacht aller verstorbenen Kinder gedacht. Der jährliche Gottesdienst für die in Rostock früh verstorbenen Kinder findet am Montag, dem 13. Dezember, um 11 Uhr, auf dem Rostocker Westfriedhof statt. Für die musikalische Begleitung der Andacht mit den Pastorinnen Hilke Schicketanz und Susanne Möckel sorgt die Musikerin Christine Voss.
Der Treffpunkt ist um 11 Uhr am Eingangstor des Westfriedhofs. Eltern und Angehörige eines „Sternenkindes“ sind dazu recht herzlich eingeladen. Die jährliche Andacht für die Sternenkinder kann auch in diesem Jahr coronabedingt nur im Freien, mit ausreichend Abstand und Mundschutz gehalten werden. Zudem gilt das 3G-Prinzip, Teilnahme nur für Genesene, Geimpfte oder Getestete.
Das Klinikum Südstadt betreibt seit 20 Jahren auf dem Westfriedhof eine Grabstätte für früh geborene und verstorbene Kinder unter 1.000 Gramm, die vom Amt für Stadtgrün, Naturschutz und Landschaftspflege der Hanse- und Universitätsstadt Rostock gepflegt wird. Jährlich betrifft das durchschnittlich etwa 50 Kinder.

Vergessen Sie ihr Kind! Bekommen Sie ein Neues!
„Inzwischen ist den Beteiligten bewusst, wie kostbar und notwendig eine freundliche und mitfühlende Begleitung der Eltern und ein würdevoller Umgang mit dem Körper ihres verstorbenen Kindes sind“, betonte Pastorin Hilke Schicketanz, evangelische Krankenhausseelsorgerin am Klinikum Südstadt Rostock. Das Land MV hat mit der Novelle des Bestattungsgesetzes vor etlichen Jahren die juristischen Voraussetzungen geschaffen, dass alle Kinder, die tot geboren werden und wegen ihres geringen Geburtsgewichtes kein eigenes Grab bekommen müssen, dennoch eine letzte Ruhestätte erhalten. Die Universitätsfrauenklinik am Klinikum Südstadt hat bereits lange vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eine Bestattungsmöglichkeit auf dem Westfriedhof eingerichtet. „Besonders dankbar sind wir den Initiatorinnen, die vor über 20 Jahren das Entstehen dieses Platzes angeregt und mit Unterstützung der Klinik und der Stadt Rostock umgesetzt haben - Krankenhausseelsorgerin Christel Schnell und Pastorin Gudrun Schmiedeberg“, so Hilke Schicketanz.

„In den ersten Jahren kamen zum Gedenkgottesdienst auch einige ältere Paare, die erzählten, was ihnen viele Jahre zuvor widerfahren ist. Das verstorbene Kind sei ihnen sofort weggenommen worden. Sie wussten nicht einmal, ob es ein Sohn oder eine Tochter war. Es gab keinen Namen. Sie sollten schnell vergessen und ein neues Kind bekommen. „Ein neues Kind ist ein neues Kind, nicht das, was die betroffenen Familien verloren haben. Ich bin wirklich sehr erleichtert, dass wir als Gesellschaft inzwischen einen anderen Umgang mit trauernden Eltern erlernt haben und auch pflegen.“

Väter und Mütter trauern unterschiedlich
Trauer ist etwas ganz Persönliches, ähnlich wie Verliebtsein. Jeder Mensch trauert auf seine Weise. „In den ersten Tagen fühlen sich Väter häufig verpflichtet, stark zu sein und ihre Gefühle unter Kontrolle zu behalten“, sagte Hilke Schicketanz, „insbesondere um die Partnerin zu unterstützen. Später fragt dann kaum noch jemand, wie es dem ‚starken Mann‘ eigentlich geht. Aber natürlich bedeutet das nicht, dass Väter weniger fühlen. Wenn Familien und Freunde, Freundinnen hier mit praktischer Unterstützung und Aufmerksamkeit reagieren, kann das eine große Hilfe sein.“
Nach ihren Erfahrungen können die meisten Menschen mit der Zeit auch mit der Trauer leben, obwohl es natürlich für alle Eltern sehr schmerzhaft ist, den Verlust eines Kindes hinnehmen zu müssen. „Das verstorbene Kind gehört dann immer noch dazu und hat im eigenen Inneren einen sicheren Platz. Die Wellen aus Schmerz kommen seltener und verfließen schneller. Und trotz des Verlustes lachen, tanzen, feiern Eltern dann wieder gern, obwohl sie immer noch traurig sind.“

Wie kann den Betroffenen geholfen werden?
„Trauer ist leider etwas sehr Einsames. Ich kann den Eltern ihr Kind nicht zurückgeben und ihnen auch nicht den Schmerz nehmen. Ich kann zuhören, mitfühlen, mit aushalten, was unerträglich scheint. Und ich weiß: Das ist wenig im Vergleich zu dem Ausmaß an Schmerz. Dennoch, es macht einen großen Unterschied, nicht ganz so allein damit zu sein“, so die Erfahrungen der Seelsorgerin. „Wenn die Eltern es wünschen, bereite ich mit ihnen eine Aussegnung oder einen Gottesdienst zur Beerdigung vor. Rituale zum Abschied, in dem der kleine Mensch gemeinsam gewürdigt wird und die heftigen Gefühle der Trauernden ausgedrückt werden, tun den meisten Familien gut.“

Wie solche schweren Erlebnisse ausgehalten werden können, wann sich das Leben wieder wie Leben und nicht nur wie tapfer Durchhalten anfühlt, das sei sehr verschieden. Unter anderem hänge es davon ab, wie mitfühlend und unterstützend die Menschen in der Familie, im Freundeskreis oder auch Kollegen reagieren. Auch die medizinische Betreuung in der Frauenklinik spiele eine große Rolle und welche Kraftquellen eine trauernde Person für sich persönlich nutzen kann.

 

 

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